Caroline Fourest ist eine französische feministische Schriftstellerin und Journalistin. Sie war als Redaktionsmitglied bei der Satirezeitschrift Charlie Hebdo tätig und bekam viele Auszeichnungen, darunter den Nationalpreis für Laïcité und den »Prix du livre politique« von der französischen Nationalversammlung. »Generation Beleidigt« stand monatelang auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste.
Caroline Fourest schreibt zu ihrem Buch:
«In Kanada fordern Studenten die Streichung eines Yogakurses, um sich nicht dem Risiko der indischen Kultur auszusetzen. In den Vereinigten Staaten würde man am liebsten asiatische Menüs in den Kantinen verbieten und die als anstößig und normativ verurteilten großen klassischen Werke von Flaubert bis Dostojewski aus dem Unterrichtsplan streichen. Studenten bezeichnen den geringsten Widerspruch als »Mikroaggression« und klagen »safe spaces« ein. In Wirklichkeit aber lernt man nur, Debatten zu meiden. Aufgrund geographischer oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe und der persönlichen Geschichte versucht man, die Hegemonie über die öffentliche Rede zu erreichen. Eine Einschüchterung, die bis zur Entlassung von Professoren geht.»
Zitate aus dem Buch von Caroline Fourest, «Generation Beleidigt»:
«Solange die identitäre Linke den Antirassismus in einer die Freiheit bedrohenden sektiererischen Manier lächerlich macht, wird die identitäre Rechte die Köpfe und Herzen und letztliche auch die Wahlen gewinnen. Indem jene die Zensur, die Abstammung, die Religion und den Partikularismus verteidigt, überlässt sie dieser die schöne Rolle, die Freiheit zu verteidigen.
Lange ist es her, dass das Unglück die Unterdrückten sowohl mit Würde als auch mit einem dicken Fell ausstattete. Unsere Älteren haben wirkliche Erniedrigungen erduldet, keine ‘Mikroaggressionen’. Die ‘Beleidigten’ der identitären Linken haben die Gewalt des Kampfes gegen die Rassentrennung, die Apartheid oder den Nazismus nie kennengelernt. Sie haben sich weder für das Recht auf Abtreibung geschlagen noch für das Recht zu lieben, ohne verhaftet zu werden, wie bei den Stonewall-Unruhen in New York 1969. Sie proben den Aufstand gegen asiatisches Essen in der Kantine und gegen Yoga. Ihre zimperliche Haut reagiert allergisch auf den geringsten Verdruss. Eine zur Verletzlichkeit gesteigerte Empfindsamkeit gibt den Antirassismus der Lächerlichkeit preis.» (Seite 138)
«Wenn man der Redefreiheit jedes Mal Einhalt gebietet, sobald eine Gruppe oder eine Person daran Anstoss nimmt, wird jede Diskussion, ja jede blosse Unterhaltung und selbst die Demokratie erstickt. Fortschritt bedeutet nicht, schweigen zu lernen, sondern besser reden zu lernen.» (Seite 139)
«Eine konstruktive Kritik der Identitätspolitik oder der politischen Korrektheit wird nicht aus dem konservativen Lager kommen. Dort prangert man die ‘Tyrannei der Minderheiten’ nur an, um die Herrschaft der Privilegierten wiederherzustellen, und kehrt die Fehler des Multikulturalismus nur hervor, um zum Monokulturalismus zurückzukehren. Über die politische Korrektheit klagt man nur, um frei aufstossen zu können. Die wahre Alternative kann nur von aufrichtigen Antirassisten kommen. Dazu bedarf es eines gewissen Muts, denn man muss sich mit Freunden und Genossen herumärgern und es aushalten, als ‘rassistisch’ und ‘islamophob’ beschuldigt zu werden. Was furchtbar anstrengend ist.
Dennoch muss man der Einschüchterung trotzen, wenn man dem Krieg der Identitäten Einhalt gebieten will. Eine solche Intervention erfordert, dass man die absurden Anschuldigungen kultureller Aneignung nicht länger hinnimmt, dass man Orte und Stellen an den Universitäten zurückerobert; dass man von neuem lernt, die Gleichheit und nicht nur die Vielfalt zu verteidigen. Ohne der Versuchung nachzugeben, den Kampf gegen soziale Ungleichheiten mit dem gegen Diskriminierungen in Konkurrenz zu setzen.» (Seite 142)
Quelle:
«Generation Beleidigt: Von der Sprachpolizei – zur Gedankenpolizei – Über den wachsenden Einfluss linker Identitärer», von Caroline Fourest, Tiamat Verlag 2020.
Das Buch von Caroline Fourest bietet einen gut verständlichen Einstieg in die Gedankenwelt der Identitätspolitik auch für Leute, die sich nicht schon jahrelang mit diesen Theorien befasst haben. Caroline Fourest verdeutlicht mit ihrem Buch auch, dass identitätspolitische Linke den Rechten und Rechtsextremen in die Hände spielen. Beide Seiten bewirtschaften Polarisierungen in einem Ausmass, das schädlich ist für demokratische Gesellschaften.