Der Politikwissenschaftler Yascha Mounk hat ein sehr lesenswertes neues Buch geschrieben mit dem Titel: «Im Zeitalter der Identität – Der Aufstieg einer gefährlichen Idee». Es geht darin um Phänomene, die oft als Identitätspolitik oder «Wokeness» beschrieben werden, obwohl Yascha Mounk diese Begriffe wenig verwendet.
Der Psychologe Steven Pinker schreibt zum Buch:
«Wie man gegen Identitätspolitik argumentiert, ohne sich in einen reaktionären Spinner zu verwandeln.»
Und die Historikerin und Journalistin Anne Applebaum:
«Yascha Mounk hat ein weiteres starkes Buch geschrieben, in dem er versucht, die Ursprünge und Auswirkungen der Ideen zu verstehen, die zu Recht oder zu Unrecht Identitätspolitik ausmachen – woher sie kommen, welche Wirkung sie haben und wohin sie führen könnten.»
Zitat aus dem Buch von Yascha Mounk:
Im Vorwort schreibt Yascha Mounk:
«Wie ich darstelle, haben wir in den letzten Jahren nichts weniger als die Geburt einer neuen Ideologie erlebt – einer Ideologie, die weithin als «woke» bekannt ist, obwohl ich den Begriff der «Identitätssynthese» für trefflicher halte. Die Identitätssynthese wendet sich, wie die spannende Geschichte ihres Ursprungs belegt, von Anfang an ausdrücklich gegen die Werte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Sie peilt eine Gesellschaft an, in der Kategorien wie das Geschlecht, die Hautfarbe oder die sexuelle Orientierung nicht etwa an Bedeutung verlieren – sondern stets bestimmen, wie wir einander wahrnehmen und behandeln. Das Problem an ihr ist also nicht, dass sie zu radikal oder kompromisslos für hehre Anliegen wie den Kampf gegen den Rassismus einstünde. Im Gegenteil: Das Problem an ihr besteht in ihrer Unfähigkeit, eine Gesellschaft zu inspirieren, in der wir friedlich zusammenleben, uns wirklich ebenbürtig fühlen und einander als wahre Mitbürger erkennen.
…laut der neuen Ideologie, die gerade inmitten unserer Gesellschaft um Einfluss ringt, sind wir im Kern von unserer Identität geprägt. Die ethnische, kulturelle oder sexuelle Gruppe, in die wir geboren wurden, bestimmt unabdingbar, wie wir die Welt wahrnehmen. Wenn Sie an einer anderen Schnittstelle von Identitäten stehen als ich, dann werde ich Sie, so die oft und lautstark wiederholte Behauptung, niemals wirklich verstehen. Und wenn Mitglieder einer privilegierten Gruppe sich von der Kultur einer marginalisierten Gruppe inspirieren lassen, dann gilt dies nicht etwa als Anzeichen, dass das heutige Deutschland endlich weltoffener geworden ist, als es in meiner Kindheit war – sondern stellt eine problematische Form der ‘kulturellen Aneignung’ dar, vor deren Sündhaftigkeit sich jeder brave Progressive in Acht nehmen sollte.»
(Seiten 10 und 11)
Quelle:
«Im Zeitalter der Identität – Der Aufstieg einer gefährlichen Idee», von Yascha Mounk, Klett-Cotta Verlag 2024.
Ergänzung:
Ebenfalls von Yascha Mounk ist erschienen:
„Der Zerfall der Demokratie -Wie der Populismus den Rechtsstaat bedroht“, von Yascha Mounk, Droemer TB 2019.
Siehe auch:
Identitätspolitik als Gift für die Demokratie
Hier gibts ein Gespräch mit Yascha Mounk in „Sternstunde Philosophie“:
Yascha Mounk: Wie Identitätspolitik die Demokratie gefährdet | Sternstunde Philosophie | SRF Kultur: