Jonathan Rauch hat ein sehr informatives, lesenswertes Buch publiziert. Im Fokus dieses Buches steht die Verteidigung von Demokratie und Wissenschaft gegen Angriffe durch Fake News, Trolle, Verschwörungstheorien, Identitätspolitik und Cancel Culture.
Der Verlag schreibt zum Buch von Jonathan Rauch:
«Fakten oder Fake-News, Wahrheit oder Lüge: Woher wissen wir, was wir wissen? Die Antworten darauf sind enorm wichtig für eine funktionierende Gesellschaft, eine lebendige Demokratie. Auf der „rechten“ Seite verbreiten Trolle reaktionäre Propaganda im Netz. Und „links“ sorgt die Cancel-Culture dafür, dass an Universitäten der offene Diskurs über sensible Themen wie „Gender“ oder „Race“ verstummt. Für Propagandaexperten ist klar, dass beide als Techniken eines Informationskrieges bezeichnet werden können. Sie manipulieren das gesellschaftliche und mediale Umfeld, um politischen Nutzen daraus zu ziehen. Jonathan Rauch erklärt und verteidigt die Verfassung der Erkenntnis: Regeln, die die liberale Wissenschaft definieren und die realitätsbasierte Gemeinschaft organisieren. Sie stehen unter dem Dauerbeschuss von Widersachern, die nicht müde werden, immer wieder neue Angriffsstrategien auszuprobieren. Ein Buch, das erläutert, was zu tun ist, um die Wahrheit zu verteidigen – ganz besonders in Zeiten wie diesen.»
Zitate aus dem Buch von Jonathan Rauch
Jonathan Rauch beschreibt in seinem Buch eine «Verfassung der Erkenntnis» als «das erfolgreichste soziale Konstrukt in der Geschichte der Menschheit». Dieses System «basiert…. auf einem aus Werten bestehenden Fundament: auf der kollektiven Überzeugung, dass es richtige und falsche Wege gibt, um Erkenntnis herzustellen. Jene Werte, Regeln und Institutionen leisten für die Erkenntnis das, was die US-Verfassung für die Politik leistet: Sie erzeugen eine übergreifende Struktur und zwingen den gesellschaftlichen Wettbewerb in friedliche und produktive Bahnen.» (Seite 16)
Diese «Verfassung der Erkenntnis» sieht Jonathan Rauch als gefährdet:
«Für sich genommen fehlt den Kräften des Chaos und des Zwangs….die Macht, die Verfassung der Erkenntnis zu entthronen. Und selbst wenn es ihnen gelänge, so hätten sie doch nichts, was sie an ihre Stelle setzen könnten, ausser einen Hobbes’schen Krieg von Millionen persönlichen und tribalen Realitäten gegen alle andern. Was den Propagandaführern, Social-Media-Mobbern, Safetyisten, Subjektivisten und all den anderen aber vielleicht gelingen könnte, ist die Verbreitung von Demoralisierung, Verwirrung und Einschüchterung in einem solchen Ausmass, dass die realitätsbasierte Gesellschaft den Mut verlieren und nachgeben könnte. Von Trollen verhöhnt, von den Anhängern der Cancel Culture gemobbt, von der Linken des Rassismus und Kolonialismus bezichtigt und von den Rechten als Verschwörung des tiefen Staates verleumdet, würde sie sich belagert und fragil vorkommen.
Zu viele ihrer Mitglieder könnten zu der Überzeugung gelangen, dass die Desinformation unbesiegbar und die Objektivität nicht zu verteidigen ist, dass Meinungsvielfalt Minderheiten schadet, dass Worte Gewalt sind und dass Canceln einfach nur Kritik ist. Wenn Trolle und Verschwörungstheoretiker und Bots und US-Präsidenten Fehlinformationen verbreiten, soziale Medien die Beschämung und den Ausschluss von Menschen zu einer lustigen Freizeitaktivität am Schreibtisch machen, Supercomputer unsere Empörung in bare Münze umwandeln, Algorithmen unsere Aufmerksamkeit manipulieren und mehr als die Hälfte der Universitätsstudierenden und der Bevölkerung insgesamt zögert, ihre wirklichen Meinungen zu sagen, weil sie Angst davor hat, ihren Ruf oder ihren Job zu verlieren, dann wirken die Feinde des intellektuellen Pluralismus und der Forschungsfreiheit wie Giganten. Und genau so wollen sie von uns auch wahrgenommen werden.»
(Seite 364)
Hoffnungsschimmer?
Trotz dieser ernsthaften Befürchtungen betont Jonathan Rauch aber auch, dass die realitätsbasierte Gemeinschaft schon viel Schlimmeres überstanden hat:
«Sie hat die Inquisitoren besieht, die Galileo eingekerkert haben, die Diktatoren, deren Gulags ganze Kontinente überzogen, und die Rassisten und Homophoben, die darauf erpicht waren, Stimmen der Freiheit zu unterdrücken.» (Seiten 364/365)
Wer ist Jonathan Rauch?
Jonathan Rauch studierte an der Yale University Politologie. Er schrieb als Journalist schrieb unter anderem für das Winston-Salem Journal in North Carolina, für das National Journal und später für The Economist. Gegenwärtig schreibt er gelegentlich für The Atlantic und verfasste als Autor mehrere Werke. Jonathan Rauch ist Mitarbeiter der Brookings Institution, einem Thinktank in Washington. Im Jahr 2005 erhielt er den National Magazine Award.
Quelle:
«Die Verteidigung der Wahrheit: Fake News, Trolle, Verschwörungstheorien und Cancel Culture», von Jonathan Rauch, Hirzel Verlag 2022.
(Der Link führt zur Buchbeschreibung im Buchshop der Buchhandlung Buch am Platz in Winterthur)