Die Ethnologin und Islamforscherin Susanne Schröter hat mit «Global gescheitert? Der Westen zwischen Anmassung und Selbsthass» ein lesenswertes Buch geschrieben. Es bietet eine gute Einführung in die wichtigen Themen der Identitätspolitik auch für Leute, die sich noch wenig damit befasst haben.
Der Verlag schreibt zum Buch:
«Selten schien der Westen so geschlossen wie zu Beginn des Ukraine-Kriegs. Die Werte der Freiheit und Demokratie galt es gegen ein autokratisches System zu verteidigen. Doch hinter der vermeintlichen Geschlossenheit zeigten sich schnell die ersten Bruchstellen. Wie werden wirtschaftliche Zwänge mit politischen Zielen in Einklang gebracht? Wie viel sind dem Westen die eigenen Ideale wert? Dass sich dahinter ein tiefgreifendes strukturelles Problem des Westens verbirgt, zeigt die Ethnologin und Islamexpertin Susanne Schröter in ihrem neuen Buch.
Angesichts der jüngsten Konflikte in der Ukraine, in Afghanistan und Mali sowie der Planlosigkeit westlicher Regierungen im Umgang mit Migrationsbewegungen, Islamismus und Cancel Culture diagnostiziert sie einen zwischen Hybris und Selbsthass gefangenen Westen, der unentwegt die Werte der Demokratie beschwört, sie aber gleichzeitig immer dann verrät, wenn es darauf ankommt. Befindet sich der Westen auf dem besten Weg, die eigene innen- wie außenpolitische Glaubwürdigkeit zu verspielen? In ihrem analytisch klugen und thesenstarken Buch gibt Susanne Schröter die Antwort.»
Zitate aus dem Buch von Susanne Schröter
Susanne Schröter unterstreicht in ihrem Buch die Werte, die es im «Westen» zu verteidigen gilt – und zwar gegenüber linker Identitätspolitik, Islamismus und Rechtsradikalismus. Zitat:
«Der Westen ist heute, obwohl historisch mit dem europäischen Kontinent verwurzelt, kein geografisch fixierbarer Raum, sondern an erster Stelle eine Idee und ein Lebenskonzept. Im Hinblick auf den Wohlstand und die Sicherheit der Bevölkerung sowie die Umsetzung von Freiheitsrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stellt er die am weitesten entwickelte Staatengemeinschaft der Welt dar. Ob dies in Zukunft so bleibt, ist alles andere als gewiss. Expandierende totalitäre Staaten stellen eine zunehmende aussenpolitische Bedrohung dar, Islamismus sowie illiberale Bewegungen von linker und rechter Seite sind die wichtigste innenpolitische Herausforderung. Wenn die multidimensionale Krise gelöst werden soll, helfen keine wohlgesetzten Reden über die eigene Grossartigkeit, sondern nur ein nüchterner Blick auf die Ursachen der Misere.» (Seite 191)
Susanne Schröter warnt zurecht auch vor den Gefahren durch den politischen Islam, und wird dafür von islamistischen und identitätspolitischen Akteuren diffamiert. Sie schreibt zum politischen Islam:
«In seiner gewalttätigen Variante als Dschihadismus zerstört er ganze Regionen in Asien und Afrika, bringt Tod und Verderben in die Metropolen von Bombay bis Paris und bedroht religiöse Minderheiten in islamisch geprägten Ländern. Dennoch wird der Islamismus in westlichen Ländern immer wieder verharmlost, und es kommt zu Kooperationen zwischen Vertretern linker und islamistischer Organisationen auf der Basis einer gemeinsamen Ablehnung des Westens.»
(Seite 57)
Auch mit dem Thema Zuwanderung exponiert sich Susanne Schröter, indem sie wichtige Fragen aufwirft. Zitat:
«Kein Thema spaltet die Gesellschaften des Westens mehr als die Modalitäten der Zuwanderung. Auf der einen Seite verwischen Linksidentitäre gezielt den Unterschied zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten und nutzen Zuwanderer als Manövriermasse einer Utopie, in der Grenzen nicht mehr existieren und der gesellschaftliche Reichtum global umverteilt wird. Auf der anderen Seite beschwören Rechtsidentitäre einen angeblich geplanten Bevölkerungsaustausch und entwerfen rückwärtsgewandte Ideen völkischer Nationalstaaten. Die Mehrheit der Bürger lehnt diese Extreme ab und befürwortet eine gelenkte Einwanderungspolitik, in der positive Effekte verstärkt und Fehlentwicklungen korrigiert werden. Das kann allerdings nur gelingen, wenn das Benennen von Problemen nicht umstandslos als rassistisch denunziert wird und Politiker bereit sind, sich des Themas mit der gebotenen Weitsicht anzunehmen….
In der Migrations- und Flüchtlingspolitik zeigt sich die Ambivalenz der Kritiker des Westens am eindrucksvollsten. Einerseits pflegt man die Rhetorik, dass Europa eine zutiefst rassistische Region sei, andererseits vertritt man die Ansicht, dass Flüchtlinge dort am allerbesten aufgehoben seien.»
(Seite 127/142)
Besonders eindrücklich ist das Zusammenspiel von postkolonialen Linken, rassistischen Rechten und Islamisten. Dieses Thema hätte mehr Beachtung verdient und Susanne Schröter stellt sich damit zwischen alle Fronten. Zitat:
«Antisemitismus ist das verbindende Element zwischen Orient und Okzident sowie zwischen postkolonialer Linker, rassistischer Rechter und islamistischen Akteuren. Gegenwärtig kommt es immer wieder zu fragwürdiger Kumpanei, weil man aussenpolitische Akteure nicht verprellen und Weltoffenheit demonstrieren will oder schlicht Partner für den Kampf gegen den Westen sucht.» (Seite 190)
Fazit:
Das Buch ist informativ und mutig. Susanne Schröter setzt sich damit Angriffen von verschiedenen Seiten aus. Entsprechend wird sie immer wieder diffamiert, vor allem von Islamisten und von Aktivisten der akademischen Identitätspolitik.
Quelle der Zitate:
«Global gescheitert? Der Westen zwischen Anmassung und Selbsthass», von Susanne Schröter, Herder Verlag 2022.