Die Europa-Universität in Flensburg hat eine expressionistische Frauenskulptur („Primavera») entfernt, angeblich wegen eines überkommenen Frauenbildes („zu breites Becken“). Ein Beispiel für intransparente Cancel Cultur im Bereich der Kunst und im Umfeld von Universitäten. Was das mit Demokratie zu tun hat, kommt weiter unten zur Sprache.
Es soll Beschwerden von Studentinnen gegeben haben, die sich wegen der Skulptur «unwohl» gefühlt haben. Im Dunkeln geblieben ist bisher, wer diese «Studentinnen» waren und wie der Entscheid zustande kam.
Ersetzt wurde die «Primavera» durch ein Fragezeichen in Regenbogen-Farben. Wie diese Ersatzskulptur dort hinkam und wer sie geschaffen hat, ist zurzeit ebenfalls nicht bekannt.
Kreative Aktion für «Primavera» und gegen Cancel Culture
Im Interview mit der «Emma» spricht die 21-jährige Lehramtsstudentin und AStA-Vorsitzende Alina Jacobs von blindem Aktionismus und Cancel Culture. Sie hat auf Instagram die Kampagne #saveprimavera sowie die Petition „Primavera zurückholen“ und fordert ihre Uni damit heraus.
Alina Jacobs argumentiert im Interview differenziert und präzise. Während die Universität sich um klare und transparente Stellungnahmen drückt.
Am Schluss des Interviews bringt die Studentin das Problem mit der Cancel Culture prägnant auf eine gesellschaftliche Ebene:
«Ich glaube, dass das, was an unserer Uni passiert, gerade symptomatisch für unsere ganze Gesellschaft ist. Es fehlt manchen Gruppierungen die Bereitschaft, andere Meinungen zu akzeptieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Man muss an diesen Orten teilweise zweimal nachdenken, was man noch sagen, beurteilen oder tun und lassen darf. Doch es kann nicht sein, dass kleine laute Minderheiten alles bestimmen. Es muss vielmehr ein Konsens gefunden werden. Die Bereitschaft zur Diskussion und eine Debattenkultur sind zentrale Bestandteile einer Demokratie. Und das sollte eigentlich das Rüstzeug sein, dass StudentInnen an einer Universität bekommen.»
Das lässt sich kaum besser zusammenfassen. Inzwischen haben sich viele Studentinnen dieser Aktion angeschlossen und fordern die «Primavera» zurück.
Quelle:
Alinas Kampf für die Primavera (Emma)
Ergänzungen:
Hintergrund der Cancel Culture, wie sie sich aktuell in der Auseinandersetzung um die «Primavera» zeigt, ist eine Identitätspolitik, die sich vor allem in der akademischen Linken seit einigen Jahren etabliert hat.
Siehe dazu:
Identitätspolitik – die Gemeinsamkeiten mit Verschwörungstheorien