Cédric Wermuth ist zusammen mit Mattea Meyer Co-Präsident der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SPS).
Auf X (vormals Twitter) schreibt Cédric Wermuth:
«Die ganze Hysterie der globalen Rechten um angebliche Verirrungen der Identitätspolitik ist ein reines Ablenkungsmanöver. Darum geht es den Rechten am Ende: Ent-Menschlichung der Menschen. Die Republikaner in Iowa führen Kinderarbeit wieder ein.»
Quelle: https://twitter.com/cedricwermuth/status/1724003736102596810
Cédric Wermuth macht hier eine bemerkenswerte Aussage. Wer die Kritik an Identitätspolitik als ausschliesslich von rechts kommend von Tisch wischt, macht selber ein Ablenkungsmanöver. Identitätspolitik wird von verschiedenen Seiten kritisiert. Auch von links. Ein Beispiel dafür ist der deutsche Dramaturg, Essayist, Sachbuchautor Bernd Stegemann. Der Professor für Dramaturgie und Kultursoziologie an der «Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch» hat ein informatives Buch geschrieben mit dem Titel «Identitätspolitik», in dem er die Identitätspolitik von links kritisiert.
Siehe dazu:
Buchtipp: «Identitätspolitik» von Bernd Stegemann (Buchbesprechung und Zitate)
Auch die linke Philosophin Susan Neiman kritisiert die Identitätspolitik in ihrem Buch:
«Links ≠ woke». Im «Philosophischen Radio» des WDR erklärt sie im Gespräch mit Jürgen Wiebicke, welche Elemente dieser Theorien sie für rechts und reaktionär hält.
Das Gespräch gibt es hier als Podcast:
Warum blendet Cédric Wermuth linke Kritik an Identitätspolitik aus?
Es stimmt natürlich, dass Rechte wie SVP-Nationalrat Andreas Glarner die Identitätspolitik bewirtschaften. Dieser einseitige Eindruck entsteht aber nur, weil die meisten linken Politikerinnen und Politiker den Rechten dieses Terrain überlassen.
Sozialisten und Sozialdemokraten waren über lange Zeiten vom Universalismus geleitet und haben auf dieser Grundlage viele soziale Fortschritte erreicht. Und an der Basis dieser Parteien gibt es nach wie vor viel Mitglieder, die universalistisch eingestellt sind und mit beiden Füssen auf dem Boden stehen. Tonangebend in der Öffentlichkeit sind aber in der SPS, bei den Jusos und auch bei den SP Frauen Führungspersonen wie Cédric Wermuth, die selber identitätspolitisch eingefärbt sind. Und die Identitätspolitik untergräbt den Universalismus. Siehe dazu:
Identitätspolitik versus Universalismus
Mehr Hintergrundwissen zur Identitätspolitik hier:
Identitätspolitik unterminiert Demokratie und Rechtsstaat
Was Identitätspolitik mit Religion verbindet
Identitätspolitik und Postfaktualismus greifen Basis der Wissenschaft an
Dass die meisten Führungspersonen der Linken inzwischen auf der Basis von Identitätspolitik politisieren ist sehr problematisch. Identitätspolitik greift nicht nur Demokratie und Wissenschaft an, sie schadet auch den wichtigen, ursprünglichen Anliegen der Linken. Es bleibt deshalb nur zu hoffen, dass Cédric Wermuth es ich in Zukunft nicht mehr so einfach macht und die Kritik an Identitätspolitik nicht mehr einfach als «rechts» vom Tisch wischt. Das gilt natürlich nicht nur für Cédric Wermuth, sondern auch für viele andere Führungspersonen der Linken.
Die Blindheit der Linken gegenüber Identitätspolitik beschränkt sich natürlich nicht auf die linke Politik. Sie zeigt sich auf in manchen linken Medien. Ein Tiefpunkt in dieser Hinsicht ist der demagogische Artikel zur Transgender-Medizin in der linken «Wochenzeitung» (WOZ). Siehe dazu:
Wochenzeitung (WoZ): Bericht zur Transgender-Medizin mit krasser Schlagseite
(die linke TAZ ist in diesem Bereich weniger ideologisch festgefahren und berichtet diverser)