Die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Herta Müller hat in Rumänien die Diktatur von Nicolae Ceauşescu überlebt. Sie weiss, wovon sie spricht, wenn sie sich zu Demokratie und Diktatur äussert, und zur Verteidigung der Demokratie aufruft. Am 13. November 2023 hielt Herta Müller im Rahmen der Veranstaltung «Democracies under threat» des UBS Center for Economics in Society at the University of Zurich im Kongresshaus Zürich eine Rede mit dem Thema: Die Freiheit könnte uns gestohlen werden. Das Magazin «Republik» hat die Rede in schriftlicher Form publiziert. Hier ein Zitat daraus:
«Mir scheint, im Osten ist die Menschenverachtung der Diktaturen bereits vergessen. Und im Westen hat man sich ans Vorhandensein der Demokratie so sehr gewöhnt, dass man sich Diktaturen nicht vorstellen will. Und man will nicht wahrhaben, dass man die Demokratie auch von innen zerstören kann. Im Westen scheinen mir viele der individuellen Freiheit müde, weil sie mit Verantwortung verbunden ist. Weil die Demokratie – anders als die Diktatur – kein Schlepptau zum Mitlaufen hat. Sie verlangt selbständiges Denken. Die Politik der Demokratie ist langsam und kompliziert, weil sie ethische Werte beachtet.
Demokratie darf uns nicht müde machen. Ich habe die Diktatur zu spüren gekriegt. Ich kann den Osten nur daran erinnern, wie das war. Und dem Westen erzählen, wie das ist, wenn ein Menschenleben nichts zählt.»
Quelle:
«Die Freiheit könnte uns gestohlen werden», von Herta Müller (Republik)
Wer ist Herta Müller?
Die Schriftstellerin Herta Müller wurde 1953 in Rumänien geboren. Im Jahr 1987 konnte sie nach Deutschland ausreisen, blieb jedoch im Visier des rumänischen Geheimdienstes Securitate. Die Verfolgung durch das Ceauşescu-Regime thematisierte sie in zahlreichen ihrer literarischen und essayistischen Werke. 2009 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur verliehen.
Im Jahr 2014 kritisierte Herta Müller unter Berufung auf ihre Erfahrungen unter dem Ceaușescu-Regime wiederholt die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin, den sie als „KGB-sozialisierten Diktator mit Personenkultallüren“ bezeichnete. In der WELT schrieb sie:
«Er beleidigt meinen Verstand. Er beleidigt jeden Tag unser aller Verstand, und zwar mit der immer gleichen Dreistigkeit. Er wurde schon 100 Mal beim Lügen erwischt, er wird nach jeder Lüge entlarvt, und er lügt trotzdem weiter. Er tritt mir damit zu nahe.»
(Quelle: Wikipedia)
In einem Interview mit dem «Magazin» des Tages-Anzeigers warnte Herta Müller vor einem «infantilen Verhältnis» zum Staat. Siehe dazu:
Herta Müller warnt vor infantilem Verhältnis zum Staat
Herta Müller bringt Wladimir Putin auf den Punkt