Dass Russland westliche Demokratien seit Jahren mit Desinformation angreift, daran besteht kein Zweifel. Die weit verbreitete Ansicht, dass die Schweiz davon kaum betroffen ist, unterschätzt das Problem. So zielt etwa ein frisch enttarntes Propaganda-Netzwerk ausdrücklich auch auf ein Publikum in der Schweiz. Der Nachrichtendienst in Bern hat die russische Desinformation zwar auf dem Radar. Er darf den Hinweisen auf ausländische Beeinflussung jedoch kaum nachgehen, weil die gesetzlichen Grundlagen dazu fehlen.
Spezialisten des französischen Verteidigungsministeriums haben Anfang Februar ein breit angelegtes und technisch raffiniertes Netzwerk von 193 Pseudo-Nachrichtenportalen aufgedeckt. Über diese Websites wird ungefilterte russische Kriegspropaganda verbreitet.
Ziel dieser Desinformation sei es, den Krieg der Russen gegen die Ukraine positiv darzustellen, das angegriffene Land und dessen Führungspersonal dagegen abzuwerten, stellten die französischen Ermittler fest.
Dadurch würden durch und durch ideologisch falsche oder irreführende Narrative präsentiert. Über Telegram und andere grosse soziale Netzwerke werden die Propagandameldungen zügig und in hoher Kadenz weiterverbreitet.
Russische Desinformation speziell für die Schweiz
Die NZZ berichtet von einem Pravda-Netzwerk, das die Stimmung im Westen und auch in der Schweiz zugunsten Russlands und Putins beeinflussen will.
Die Webseite richtet sich mit einer eigenen Rubrik an Leserinnen und Leser in der Schweiz. Dort qualifizieren Moskaus Vertreter zum Beispiel regelmässig die Vermittlungsbemühungen des Bundesrates ab.
«Die Beiträge, die etwa das Pravda-Netzwerk verbreitet, können recht überzeugend sein, wenn das Hintergrundwissen fehlt», erklärt Mykola Makhortykh der NZZ. Er forscht an der Universität Bern zu Manipulationen im Netz. Er weist darauf hin, dass die Schweiz zwar nicht das Hauptziel sei, dass die russischen Anstrengungen aber dennoch nicht unterschätzt werden sollten.
«Russland versucht, die westlichen Demokratien, darunter auch die Schweiz, permanent unter Druck zu setzen. Darum erleben wir diesen ununterbrochenen Strom von Desinformation», erklärt Mykola Makhortykh, und ergänzt: «Jene, die dieser Propaganda ausgesetzt sind, erhalten so laufend eine neue Dosis.»
Quelle:
Anmerkungen:
☛ Putin nutzt die Offenheit und die Meinungsfreiheit demokratischer Gesellschaften aus, um seine Desinformation zur Destabilisierung dieser Länder einzusetzen. Es ist höchste Zeit, dass in westlichen Demokratien die Behörden und die Bürgerinnen und Bürger diese Gefahr erkennen und sich dagegen wehren. Es läuft längst ein hybrider Krieg von der russischen Seite. Siehe:
Putin will Russland zur dominierenden Macht in Europa machen
Irredentismus in Putin’s Russland als Grundlage für Aggression
Putinismus – Ideologie und Verschwörungstheorien
Timothy Snyder: Russland ist ein faschistischer Staat
Russlands Angriff auf Europa verstehen
☛ Neben der direkten Desinformation und Propaganda aus Russland gilt es auch, den einheimischen Putin-Influenzern Grenzen zu setzen. Der Kreml hat längst seine eigenen Parteien und seine medialen Sprachrohre in Europa. Das trifft voll auf die AfD, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die LINKE und die FPÖ, aber auch auf Teile der SVP zu wie zum Beispiel Roger Köppel und Oskar Freysinger. Siehe dazu:
Roger Köppel: Propagandatreffen mit russischer Kinderverschlepperin
Oskar Freysinger konstant als Putin-Propagandist aktiv
☛ Die westlichen Demokratien müssen gegenüber Desinformation, Propaganda und hybride Kriegsführung resistenter werden. Siehe auch:
Viele Herausforderungen für westliche Demokratien – packen wir das?
Kommt die «Zeitenwende» in der Schweiz an?
Schweiz verpennt «Zeitenwende» bezüglich Ukraine-Krieg