Der Begriff «Fundamentalismus» leitet sich vom lateinischen „fundamentum“ ab, was mit «Unterbau» übersetzt werden kann. Gemeint ist damit das Beharren auf festen politischen und vor allem auch religiösen Grundsätzen, in der Regel auf der Basis einer buchstäblichen Interpretation göttlicher Überlieferungen (z. B. Bibel, Koran).
So formierten sich etwa zum Ende des 19. Jahrhunderts in den USA starke protestantische Bewegungen, die die Heilige Schrift unmittelbar als Gottes Wort ansehen. Der Fundamentalismus evangelikaler Christen hat in den USA auch heute noch grosse politische Bedeutung.
In seiner weiteren Verwendung wurde der Begriff aus dem ursprünglichen christlich-religiösen Zusammenhang herausgelöst.
So wird zum Beispiel heute in der Wirtschaft manchmal von «Marktfundamentalismus» gesprochen und damit oft abwertend ein neoliberales Wirtschaftsdenken gemeint, das einzig und allein auf die unverfälschten Marktkräfte setzt.
Umgangssprachlich taucht der Begriff auch in der politischen Landschaft auf, etwa wenn in den 1980er-Jahren von den Flügeln der westdeutschen Partei „Die Grünen“ als den „Fundis“ und den „Realos“ gesprochen wurde. Den «Fundis» wurde dabei kompromissloses Denken und Handeln zugeschrieben und den «Realos» realpolitisches Vorgehen.
Fundamentalismus im ursprünglichen Sinn des Wortes zeigt sich inzwischen sowohl in religiösen als auch in politisch-weltlichen Strömungen. Er taucht im Rechtsextremismus auf, im Linksextremismus, im Islamismus, bei evangelikalen Bewegungen, aber auch in manchen Formen der linken Identitätspolitik. Und die Fundamentalisten aller Bereiche unterscheiden sich zwar im Inhalt ihres Glaubens. Im Denken sind sie sich aber sehr ähnlich. Diese Ähnlichkeit ist ihnen aber oft nicht bewusst und sie würden diese Nähe im Denken weit von sich weisen.
Wie Fundamentalismus der Demokratie schadet
Das Beharren auf festen politischen oder religiösen Grundsätzen macht den Fundamentalismus noch nicht unbedingt gefährlich für die Demokratie. Fundamentalisten werden aber spätestens dann zum Problem, wenn sie ihre Glaubenssätze und ihre Verhaltensvorschriften allen anderen Mitgliedern einer Gesellschaft verbindlich vorschreiben wollen. Sie setzen dann ihre Glaubenssätze über demokratisch beschlossene Verfassungen und Gesetze. Beobachten lässt sich das zum Beispiel bei fundamentalistisch-christlichen Gruppen bezüglich ihrer Überzeugungen in der Abtreibungsfrage, aber auch bei islamistischen Strömungen, wenn die Scharia über die weltlichen Gesetze gestellt wird. Der Islamismus besteht auf der absoluten Dominanz göttlicher Gesetze und wird damit inkompatibel mit der Demokratie. Siehe dazu: Islamismus als antidemokratische Ideologie.
Als Gegenspieler des Fundamentalismus ist der Laizismus von grosser Bedeutung. Laizisten unterstellen ihre religiösen oder politischen Glaubenssätze der demokratischen Verfassung und den Gesetzen. Laizismus ist in multikulturellen, pluralistischen Gesellschaften eine wichtige Grundlage für das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher religiöser und politischer Glaubenssysteme.
Siehe dazu: Laizität / Laizismus
Typische Merkmale fundamentalistischer Ideologien
Die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung führt folgende Punkte als typische Merkmale auf:
- Der absolute Anspruch auf eine Glaubenslehre oder eine politische Überzeugung
- Der kompromisslose Ausschluss und die Abwertung Andersdenkender
- Die absolute Erhöhung der eigenen Auffassung und Identität
- Die Tradition bildet den Kern der Ideologie.
- Die eigene Religion und/oder Weltanschauung ist keine Privatangelegenheit, sondern gilt als einzige gesellschaftliche Norm.
Erstarkt der Fundamentalismus?
Im 20. Jahrhundert bekamen neben religiösen Absolutheitslehren auch politische Diktaturen wie der Kommunismus/Stalinismus oder der Nationalsozialismus grosse Bedeutung, die ihrem Wesen nach fundamentalistisch geprägt sind. Mit ihrem absoluten Anspruch auf die totale Geltung sind Fundamentalismus und Totalitarismus verwandte Phänomene. Insbesondere seit den 1990er-Jahren ist der Begriff wieder verstärkt im öffentlichen Bewusstsein präsent und fundamentalistische Weltbilder verschiedenster Spielarten breiteten sich aus.
Fundamentalismus als Ideologie betreibt die Abgrenzung von politisch oder religiös unerwünschten Auffassungen in der Gesellschaft. Sie dient der Sicherung und Befestigung der eigenen Identität. Diese Eigenschaft ist charakteristisch für alle Formen des Fundamentalismus. Für evangelikale Christen, islamistische Fundamentalisten und rechtsextreme Gruppierungen, die völkischem Denken nahestehen, sowie für manche Varianten der Identitätspolitik. Zu letzterer siehe: Was Identitätspolitik mit Religion verbindet.
Fundamentalisten wollen die Gesellschaft nicht reformieren, sondern sie auf das eigene religiöse oder völkische oder politische Fundament stellen. Ein krasses Beispiel für einen solchen Gottesstaat (Theokratie) ist die Islamische Republik IranWas Identitätspolitik mit Religion verbindet
Quellen:
«Fundamentalismus» (Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung)
«Fundamentalismus» (Bundeszentrale für politische Bildung)
Beitrag zu «Fundamentalismus» auf Wikipedia.