Der ehemalige FDP-Innenminister Gerhart Baum hat in einem Gespräch mit der «Zeit» nachdrücklich vor der AfD gewarnt. Er blickt mit Sorge auf den Rechtsruck in Deutschland. Im Video erklärt Gerhart Baum, weshalb er die AfD für demokratiegefährdend hält.
Es gebe eine Radikalisierung von Teilen der Mitte und das sei sehr bedenklich. Die AfD sei ein Signal, dass viele Menschen sich von der Demokratie entfernt haben und zum Teil diese Demokratie und ihre Spielregeln verachten. Das müsse sehr ernst genommen werden.
Gerhart Baum sagt:
«Aus meiner Sicht ist das die grösste, stärkste, gefährlichste Bedrohung unserer Demokratie seit 1945.»
Diese Gefahr werde unterschätzt und verharmlost. Die AfD sei eine Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolge.
Wählerinnen und Wähler der AfD seien nicht nur Protestwähler. Sie sympathisierten auch mit der politischen Botschaft der AfD. Das sei das gefährliche und das lasse sich nicht so einfach über Nacht reduzieren.
Gerhard Baum sagt:
«Wir müssen uns bemühen, wir müssen auf die Leute zugehen und müssen ihnen vor allen Dingen sagen, dass es eine Gefahr ist, wir müssen die Gefahren für die Demokratie benennen. Wir müssen sagen, wenn ihr diese Leute unterstützt, dann ist das ein Angriff auf die Demokratie, ein Angriff auf Europa.»
Demokratie sei anstrengend, müsse täglich verteidigt werden und müsse gelebt werden.
Gerhart Baum rät, den Klimawandel nicht isoliert zu sehen
Den jungen Leuten, die sich gegen den Klimawandel einsetzen, rat Gerhart Baum, diesen nicht isoliert zu sehen. Es sei wichtig, gleichzeitig zu sehen, in welcher Situation sich unsere Demokratie befinde:
«Wenn die Rechten stärker werden wird der Kampf gegen die Klimakatastrophe schwächer, denn die Rechten leugnen diese Gefahr.»
Gerhart Baum ruft dazu auf, sich in demokratischen Organisationen zu engagieren:
«Demokrstie ist keine bequeme Sache. Wir müssen raus aus der bequemen Normalität als ob alles so weiterläuft. Es wird nicht so weiterlaufen…Wir sind mittendrin in fundamentalen Veränderungen, im Grunde in einem Epochenbruch.»
Hier das ganze Gespräch auf YouTube:
Gerhart Baum über die AfD: „Die alten Nazis sind wieder da“
Anmerkungen:
☛ Gerhart Baum (Jahrgang 1932) wurde noch als Zwölfjähriger zum Volkssturm gemustert. Er kam aber nach der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 nicht mehr zum Einsatz, weil die Familie fliehen musste. (Quelle: Wikipedia)
Der profilierte FDP-Politiker hat sich im Nachkriegsdeutschland mit Nazis innerhalb und ausserhalb seiner Partei auseinandergesetzt. Wenn er sagt: «Die alten Nazis sind wieder da», dann hat das Gewicht, denn er weiss, wovon er spricht.
☛ Vergleichbare Aussagen könnte man auch über die extremistische FPÖ in Österreich sagen. Und der Schweiz ist die grösste Partei, die SVP, zwar nicht durchgehend extremistisch. Sie hat aber rund um den Chefredaktor der «Weltwoche» Roger Köppel einen extremistischen Flügel, der keine Probleme hat, sich auf die Seite von Autokraten wie Putin, Trump, Xi und Orban zu stellen und auch mit der extremistischen AfD beste Kontakte zu pflegen. Das sind antidemokratische Tendenzen, die Besorgnis erregen müssen.