Die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Herta Müller kam 1953 in Rumänien zur Welt und konnte 1987 nach Deutschland ausreisen. In Rumänien wurde sie vom kommunistischen Regime des Diktators Nicolae Ceauşescu verfolgt und blieb auch noch in Deutschland im Visier des rumänischen Geheimdienstes Securitate. Herta Müller weiss, wie eine Diktatur funktioniert und kann auch auf dem Hintergrund dieser Erfahrung den Wert der Demokratie schätzen. Zu Wladimir Putin hat sie sich wiederholt prägnant geäussert. Hier dazu ein Zitat aus ihrer Züricher Rede, die sie am 13. November 2023 hielt:
«Der grösste Angstmacher von heute, der vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchte Kriegsverbrecher, war früher ein kleiner Angstmacher. Den Marxismus hat Putin schon längst abgelegt, aber Stalin rehabilitiert. Er schminkt sich jetzt religiös. Er bringt auf der Welt dauernd Leute um und zündet in Moskau gerne Kerzen an. Er hat einen Beichtvater und man sieht ihn kaum noch ohne den Patriarchen Kyrill. Sein Kirchenfürst hält die Menschenrechte für «ketzerischen Götzendienst». In seinem Umfeld, etwa in den Worten von Erzpriester Alexej Tschaplin, heisst es, wahres Christentum bedeute «freiwillige Selbstversklavung». Tschaplin bewundert auch Lenin, weil der aus den Russen «Rädchen und Schräubchen» einer Staatsmaschine machen wollte. Ein Knecht Gottes, so Tschaplin, gehe nicht wählen, sondern nehme demutsvoll sein Los an.»
Quelle:
«Die Freiheit könnte uns gestohlen werden», von Herta Müller (Republik)
Wird Putin im Westen endlich ernst genommen?
Herta Müller macht sich über Wladimir Putin keine Illusionen. Sie kennt sich aus darin, wie Diktatoren und Diktaturen funktionieren. Im Westen dagegen nehmen viele die Demokratie als selbstverständlich hin. Dass Putin seit Jahren einen hybriden Krieg gegen die westlichen Demokratien führt, wird viel zu wenig ernst genommen. Und spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine befinden wir uns in einer Auseinandersetzung um die zukünftige Sicherheitsordnung in Europa.
Es wäre notwendig, dass die Bürgerinnen und Bürger den Ernst der Lage erkennen und sich für die Verteidigung der Demokratie bereit machen. Und es braucht Druck auf die Politikerinnen und Politiker, damit alles unternommen wird, um die westlichen Demokratien sturmfest aufzustellen. Dazu gehört die nachhaltige und starke Unterstützung der Ukraine. Denn wenn Putin seinen Krieg in der Ukraine gewinnt, ist die Sicherheitsordnung in Europa zerstört. Putin wird weitermachen mit seinem imperialistischen Bestreben, Russland zur alten Grösse der Sowjetunion zurückzuführen. Dann muss sich Europa sehr warm anziehen.
Zu Herta Müller siehe auch:
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