Populisten behaupten oft, dass sie als einzige den wahren Volkswillen vertreten. Das ist irreführend und sogar gefährlich für Demokratien.
Höchst problematisch ist nur schon die Unterstellung, dass es den einen, wahren Volkswillen gibt.
Hier einige kritische Überlegungen zum «Volkswillen»:
- Vielfalt der Meinungen: In einer pluralistischen Gesellschaft gibt es eine Vielzahl von Meinungen, Interessen und Bedürfnissen. Der „Volkswillen“ kann daher nicht als einheitlich oder absolut betrachtet werden, da unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Perspektiven und Prioritäten haben.
- Demokratische Prozesse: Der Volkswillen wird oft durch demokratische Prozesse wie Wahlen, Referenden und öffentliche Debatten ausgedrückt. Diese Mechanismen ermöglichen es den Bürgern, ihre Stimmen zu erheben und ihre Präferenzen zu artikulieren, aber sie spiegeln nicht immer einen einheitlichen Willen wider.
- Einfluss von Interessen: Der Volkswillen kann auch durch verschiedene Interessenvertreter, Medien und politische Akteure beeinflusst werden. Dies kann dazu führen, dass bestimmte Stimmen lauter sind als andere und dass der Eindruck eines „wahren“ Willens entsteht, der möglicherweise nicht die gesamte Bevölkerung repräsentiert.
- Dynamische Natur: Der Volkswillen ist nicht statisch; er kann sich im Laufe der Zeit ändern, basierend auf neuen Informationen, gesellschaftlichen Entwicklungen und politischen Ereignissen. Was heute als Volkswille angesehen wird, könnte morgen anders interpretiert werden.
Entgegen den Unterstellungen und Behauptungen von Populisten gibt es also nicht den einen „wahren Volkswillen“, sondern eine Vielzahl von Meinungen und Interessen, die in einem demokratischen System berücksichtigt werden sollten. Ein respektvoller Dialog und die Berücksichtigung aller Stimmen sind entscheidend für das Funktionieren einer Demokratie.
Behaupten Populisten, dass sie den einen, wahren Volkswillen vertreten, so greifen sie damit frontal den Pluralismus an, der zu einer liberalen Demokratie essentiell gehört. Sie zeigen damit eine antidemokratische Einstellung.
Siehe auch zum Thema:
Pluralismus als zentrales Element der Demokratie
Populismus schadet der Demokratie – wie macht er das?
Und hier gibt es einen ausführlicheren Beitrag zum Thema Populismus als Zusammenfassung des Buches «Was ist Populismus?» von Jan-Werner Müller:
Was ist Populismus? Und was nicht?