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Demokratie-Wissen von A-Z

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Bullshit unterminiert die Demokratie

2. Februar 2025

In der Alltagssprache sagen wir gelegentlich: „Rede keinen Bullshit!“ – und meinen dann: „Rede keinen Unsinn!“

Der amerikanische Philosoph Harry Frankfurt hat sich mit dem Begriff «Bullshit» befasst.

In seinem kleinen Bändchen namens „On Bullshit“ (2005), deutsch: „Bullshit“ (2006), geht er über das Alltagsverständnis dieses Wortes hinaus und beschreibt damit ein Phänomen, das in der Öffentlichkeit grosse Bedeutung erlangt hat.

Nach Harry Frankfurt gibt es Lügner und es gibt Bullshitter. Lügner kennen die Wahrheit, sagen jedoch die Unwahrheit. Er schreibt:

„Der Lügner und der Wahrhaftige spielen dasselbe Spiel auf verschiedenen Seiten. Der Bullshitter spielt ein völlig anderes Spiel. Er ist weder für die Wahrheit noch gegen sie, er schert sich nicht um sie.“

An einer anderen Stelle erklärt Harry Frankfurt diese Unterschiede ausführlicher:

«Niemand kann lügen, sofern er nicht glaubt, die Wahrheit zu kennen. Zur Produktion von Bullshit ist solch eine Überzeugung nicht erforderlich. Wer lügt, reagiert auf die Wahrheit und zollt ihr zumindest in diesem Umfang Respekt. Ein aufrichtiger Mensch sagt nur, was er für wahr hält, und für den Lügner ist es unabdingbar, dass er seine Aussagen für falsch hält. Der Bullshitter ist aussen vor: Er steht weder auf der Seite des Wahren noch auf der des Falschen. Anders als der aufrichtige Mensch und als der Lügner achtet er auf die Tatsachen nur insoweit, als sie für seinen Wunsch, mit seinen Behauptungen durchzukommen, von Belang sein mögen. Es ist ihm gleichgültig, ob seine Behauptungen die Realität korrekt beschreiben. Er wählt sie einfach so aus oder legt sie sich so zurecht, dass sie seiner Zielsetzung entsprechen.»

Bullshittern ist also die Wahrheit gleichgültig. Sie erzählen, was ihren Zielsetzungen dient. Wenn sie sprechen, produzieren sie nur warme Luft. Bullshit in diesem Sinne scheint seit einiger Zeit in vielen Bereichen überhand zu nehmen.

Warum Bullshit eine Gefahr für Demokratien ist

Bullshit ist eine Gefahr – für das Zusammenleben, für demokratische Gesellschaften.

Darum ist es wichtig, Bullshit zu erkennen und diesen Sumpf wo immer möglich trocken zu legen.

Der Philosoph Roland Kipke beschreibt in seinem Buch „Jeder zählt“, warum Bullshit gefährlich ist für die Demokratie:

„Die Lüge ist nicht der grösste Feind der Wahrheit. Denn sie setzt ja immer noch ein Verständnis von Wahrheit voraus. Sonst wäre sie keine Lüge, sonst müsste der Lügner nicht täuschen. Der grösste Feind ist die Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit, das grosstönende Herumlabern, das Bullshitten, das hohle Gerede, bei dem es egal ist, ob und wieviel man lügt, weil eh alles Wurst ist. Man gibt sich keine Mühe mehr, die Lüge zu verstecken, man beschuldigt einfach diejenigen der Lüge, die die Unwahrheit aufdecken. Ob das Gesagte mit den Tatsachen übereinstimmt, wird so unwichtig wie die Frage, ob man zuerst den linken oder den rechten Schnürsenkel zubindet. Alles ist irgendwie wahr, wenn es nur vehement behauptet wird., aber vielleicht ist auch alles nur Fake. Hauptsache, es nützt den eigenen Interessen.

Warum das so gefährlich ist? Weil es die Demokratie zerstört. Denn die Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit zerstört die gemeinsame Wirklichkeit. Wo es aber keine gemeinsame Wirklichkeit mehr gibt, lässt sie sich auch nicht mehr gemeinsam gestalten. Wo Wahrheit nichts zählt, ist aller demokratische Streit blosses Gebrabbel, alle Berufung auf Fakten aussichtslos, jeder Versuch, einem Sachverhalt gerecht zu werden, vergebens. Wo Tatsachen keine Rolle mehr spielen, lässt sich nicht sinnvoll sagen, ob ein Gesetz richtig ist und eine gewählte Regierung gut regiert.

Oft heisst es, dass wir im postfaktischen Zeitalter leben. Das sagt sich so leicht, als würde man feststellen, dass gerade Winter ist. Tatsächlich aber kann sich kein Demokrat mit der Einordnung in diesen Winter der Wahrheit abfinden. Denn postfaktisch heisst postdemokratisch. Mit dem Zeitalter der Wahrheit wäre auch das Zeitalter von Freiheit und Gleichheit zu Ende. Früher war der Spruch gängig: egal, illegal, scheissegal. Die geheime Devise des Bullshitters lautet: egal, scheissegal, illiberal.

Ein Bullshitter allein macht noch kein postfaktisches Zeitalter, selbst wenn er im Regierungssessel sitzt. Ein solches Zeitalter beginnt erst, wenn ein grosser Teil von uns auf Wahrheit keinen Wert mehr legt. Ob und wie es mit der Demokratie weitergeht, hängt daher auch in diesem Punkt von jedem Einzelnen ab, von uns. Davon, ob wir leichtfertig fingierte Geschichten glauben oder ob wir sie hinterfragen. Davon, ob wir Tatsachen sein lassen, auch wenn sie uns nicht gefallen. Davon, ob wir verstehen, dass es keine «alternativen Fakten» gibt, sondern nur alternative Sichtweisen auf Fakten. Davon, ob wir uns bei Gerüchteschleudern «informieren» oder bei professionellen Anbietern von Informationen. Kurzum, die Zukunft der Demokratie hängt auch davon ab, was wir ernster nehmen: Schwätzerei oder Wahrheit.“

Quelle:

«Jeder zählt – Was Demokratie ist und was sie sein soll», von Roland Kipke, Metzler Verlag 2018.

Bullshit unterminiert politische Debatten

Die Lüge lässt sich mit Fakten widerlegen. Im Idealfall wird der Lügner dadurch gezwungen, seine falschen Aussagen anzupassen oder zurückzuziehen. Das gilt allerdings sehr oft nicht bei Lügnern in Machtpositionen. Figuren wie Donald Trump oder Wladimir Putin können ihre Lügen als «Wahrheit» durchdrücken und kommen damit häufig durch. Das ist ein ultimativer Machtbeweis.

Der Bullshit dagegen blendet unwillkommene Fakten schlichtweg aus: Was die eigene Botschaft unterstützt, ist wahr, was ihr widerspricht, ist falsch. Der Wahrheitsgehalt wird bedeutungslos, politische Debatten verlieren ihre empirische Basis. Stattdessen gründen sie nur noch auf Weltanschauungen, Gefühlen und Werten. Darüber lässt sich dann allerdings kaum streiten, weil sie prinzipiell weder wahr noch falsch sind. Fakten werden dagegen nur noch als Meinungen aufgefasst. So werden politische Debatten zerstört.

Ergänzende Beiträge:

► Eine guten Debattenkultur kann ein Stück weit gegen die Überhandnahme von Bullshit schützen:

Debattenkultur in der Demokratie

► Verwandt mit Bullshit sind Demagogie, Desinformation und Agitation, weil ihr Zeil ebenfalls darin besteht, Verwirrung und Vernebelung in die politische Debatte zu bringen:

Desinformation als Gefahr für die Demokratie

Demagogie als Gefahr für die Demokratie

Agitator, der – als Feind der Demokratie

► Bullshit profitiert davon, wenn Menschen sich nur noch in sogenannten Meinungsblasen bewegen und sich ins Stammesdenken zurückziehen – und er fördert zugleich diese Entwicklung. Siehe dazu: Tribalismus, digitaler: Problematik des Stammesdenken.

►Bullshitter fühlen sich wohl, wenn «Truthiness» herrscht, also die «gefühlte Wahrheit», unabhängig von der Faktenlage. Siehe dazu:

Truthiness – die gefühlte Wahrheit

► Wie Sie Bullshit erkennen und was Sie dagegen tun können, YouTube-Beitrag von Matthias Zehnder:

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