Wohin eine starke politische Polarisierung führen kann, zeigt sich seit Jahren in Frankreich. Über einen langen Zeitraum haben es wechselnde Regierungen nicht geschafft, den hoch defizitären Staatshaushalt zu sanieren. Steuern erhöhen, Renteneintrittsalter anheben, Subventionen kürzen oder Feiertage streichen: Zu welchen Massnahmen eine Regierung auch greift, ein Aufstand der Bevölkerung und die Ablehnung der starken Lager links und rechts der politischen Mitte sind so sicher wie das Amen in der Kirche.
Was bedeutet das für Frankreich und für Europa? Welche Lehren können oder müssen Demokratien aus diesem Desaster ziehen?
Wird die politische Dauerkrise in Frankreich nicht gelöst, könnte eine Schuldenkrise drohen. Das Land ist mit 114 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verschuldet und liegt damit hinter Griechenland und Italien auf dem dritten Platz der am meisten verschuldeten Euro-Länder. Das Haushaltsdefizit beträgt für das Jahr 2025 5,4 Prozent.
Dauerkrise in Frankreich schlägt auf die EU durch
Frankreich ist ein führendes Land in der EU. Ist Frankreich krank, wirkst sich das negativ auf die EU aus. Jan Diesteldorf und Josef Kelnberger schreiben dazu in der «Süddeutschen»:
«Die französische Malaise dringt in so gut wie alle europäischen Politikbereiche vor. In einer politischen Dauerkrise wird Frankreich wohl nicht die Verteidigungsausgaben in dem Maß erhöhen können, wie Präsident Macron das angekündigt hat. Als Unterstützer einer anspruchsvollen europäischen Klimapolitik dürfte er jetzt ausfallen. In einer Zeit, in der Europa Führungsstärke und Verlässlichkeit bräuchte, ist Frankreich also erst einmal mit sich selbst beschäftigt.»
Quelle:
Regierungskrise: Die französische Malaise dringt ins Herz der EU vor (Süddeutsche)
Blockade durch Polarisierung stärkt politische Extreme immer weiter
Die Demokratie in Frankreich macht seit Jahren einen desolaten Eindruck. Die Parteien scheinen unfähig, notwendige Lösungen für die drängenden Probleme des Landes zu finde. Das ist gefährlich. Wenn die Demokratie nicht liefert, profitieren davon nur Extremisten am linken und rechten Rand. Wie das Land aus dieser Dauerkrise herausfinden kann, ist nicht abzusehen. Eine Machtübernahme durch das rechtspopulistische bis rechtsextreme Rassemblement National wäre ein schwerer Schlag für Europa und ein Geschenk für Putin, der diese Partei finanziell und propagandistisch unterstützt. Und es wäre ein totales Versagen der anderen Parteien.
Anderen Demokratien in Europa sollte Frankreich ein warnendes Beispiel sein.
Siehe dazu:
Polarisierung – ihre Auswirkung auf Demokratien
Parteien sind unverzichtbar für die Demokratie