Der britisch-amerikanische Historiker Niall Ferguson hat der NZZ ein interessantes Interview gegeben. Darin geht es auch um die Auseinandersetzung zwischen den autoritären Mächten China, Russland, Iran oder Nordkorea einerseits und den westlichen Demokratien andererseits. Und es geht um die Freiheit, die vielen Menschen im Westen als selbstverständlich erscheint.
Niall Ferguson weisst auf zwei Punkte hin, die entscheidend sein werden, damit die Demokratien in der Auseinandersetzung mit den autoritären Staaten bestehen können:
«Erstens müssen wir uns mehr darum bemühen, jüngeren Menschen im Westen zu erklären, wie eine Niederlage aussieht. Die jungen Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks sind sehr selbstgefällig, was die Freiheit angeht. Sie scheinen sich nicht gross dafür zu interessieren. Das liegt daran, dass sie sich nicht wirklich vorstellen können, wie es wäre, die Freiheit nicht zu haben. Ich würde es begrüssen, wenn wir besser erklären könnten, wie eine von der Kommunistischen Partei Chinas dominierte Welt aussähe. Wie es wäre, wenn alle unsere Anrufe und E-Mails und jede Transaktion unter der Überwachung eines höchst ideologischen Regimes stünden.»
Dass die Freiheit vielen Menschen im Westen als selbstverständlich erscheint, ist eine bedenkliche Entwicklung, die allerdings nicht nur jüngere Bürgerinnen und Bürger betrifft. In allen Bevölkerungsschichten gibt es diese Gleichgültigkeit gegenüber den politischen Errungenschaften demokratischer Gesellschaften. Das muss sich ändern, wenn Demokratien die Herausforderungen der Gegenwart bestehen wollen.
Siehe dazu auch:
Viele Herausforderungen für westliche Demokratien – packen wir das?
Freiheit muss verteidigt werden
Den zweiten Punkt, den Niall Ferguson wichtig findet zur Verteidigung der Demokratie, formuliert er so:
«Zweitens müssen wir unsere Führungskräfte daran erinnern, dass es zum Bereich der Macht einige ewige Wahrheiten gibt. «Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor» ist eine davon. Das ist kein Hexenwerk. Es ist einfach klassische Geschichte. Wenn man einen illiberalen Aggressor nicht bei seinem ersten Akt kontrolliert, wird es einen zweiten und einen dritten geben. Und in jeder Phase wird es schwieriger, Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und Abschreckung wirksam zu machen.»
Für die Demokratien in Europa ist der gefährlichste illiberale Aggressor zurzeit Kreml-Herrscher Wladimir Putin. Die Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller kennt den Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur und warnt, dass uns die Freiheit gestohlen werden könnte:
Herta Müller bringt Wladimir Putin auf den Punkt
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