Die Demokratie hat viele Feinde. Diese Feindschaft kann sich aus unterschiedlichen Ideologien, Bewegungen und Entwicklungen speisen – und sie kann von aussen oder von innen kommen.
Dazu nachfolgend einige wichtige Kategorien, in denen sich Feinde der Demokratie finden.
Feinde der Demokratie – zwölf Punkte:
- Autoritäre Regime: Länder, in denen die Macht in den Händen einer Einzelperson oder einer kleinen Gruppe liegt, häufig ohne die Zustimmung der Bürger. Diese Regierungen schränken oft die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit und die Versammlungsfreiheit ein. Sie sind Feinde der Demokratie, weil ihre Machthaber befürchten, dass ihre Bürgerinnen und Bürger durch demokratische Ideen «angesteckt» werden könnten. Wie sich autoritäre Regime organisieren und weltweit vernetzen hat die Historikerin Anne Applebaum beschrieben in ihrem lesenswerten Buch «Die Achse der Autokraten».
- Populismus: Populistische Bewegungen gibt es sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite des politischen Spektrums. Sie neigen dazu, elitäre Strukturen zu kritisieren und behaupten häufig, die alleinige Stimme des „wahren Volkes“ zu sein, während sie gleichzeitig institutionelle Normen und Verfahren untergraben. Siehe dazu: Populismus schadet der Demokratie – wie macht er das?
- Extremismus: Als Feind der Demokratie bedroht Extremismus die demokratischen Werte, indem er Gewalt propagiert oder versucht, die bestehenden politischen Strukturen zu destabilisieren. Er kann in vielfältigen Varianten auftreten – insbesondere als Rechtsextremismus, Linksextremismus und Islamismus. Extremistische Bewegungen greifen oft zu Demagogie, und Agitation, um ihre Ziele zu erreichen.
- Desinformation: Die Verbreitung von falschen Informationen kann das Vertrauen der Öffentlichkeit in demokratische Institutionen unterminieren und die Wählermeinung manipulieren. Feinde der Demokratie streben deshalb mit grossem Einsatz danach, die Medien unter ihre Kontrolle zu bringen. Über Social-Media-Kanäle lassen sich Falschmeldungen besonders schnell und billig verbreiten. Autokratien wie Russland und China nutzen die Medienfreiheit in Demokratien, um destabilisierende Desinformation langfristig im Rahmen von hybrider Kriegsführung zu verbreiten.
- Korruption: Korruption innerhalb von politischen Institutionen kann der Integrität des demokratischen Prozesses schaden, indem sie die Gleichheit und Fairness der Wahlprozesse untergräbt. Sie unterminiert das Vertrauen in demokratischen Institutionen.
- Verschwörungstheorien: Verschwörungstheorien zersetzen das Vertrauen in demokratische Prozesse und Institutionen, weil sie davon ausgehen, dass alles was geschieht, von geheimen Mächten hinter der Kulisse gesteuert wird. Damit wird jede demokratische Aktivität sinnlos. Feinde der Demokratie bewirtschaften zum Beispiel oft Verschwörungstheorien vom Wahlbetrug, ohne dass Indizien für eine gefälschte Wahl vorliegen. Siehe auch: Warum sind Verschwörungstheorien eine Gefahr für demokratische Gesellschaften?
- Gleichgültigkeit & Desinteresse: Wo sie seit langem etabliert sind, werden Demokratie und Rechtsstaat oft als selbstverständlich angesehen. Dabei geht leicht vergessen, dass Demokratien nur lebendig sind und bleiben, wenn Bürgerinnen und Bürger über anstehende politische Fragen informiert sind und sich aktiv beteiligen an demokratischen Prozessen. Die zunehmende Individualisierung in westlichen Demokratien hat den Menschen zwar mehr Freiheit verschafft. Sie führt aber auch zu einem verstärken Rückzug ins «private Gärtchen» und zu einem verminderten Engagement für gesellschaftliche Anliegen. Feinde der Demokratie profitieren von dieser Entwicklung. Siehe dazu auch: Gleichgültigkeit als Gift für die Demokratie
- Steuerbetrug: Wenn grosse Vermögen durch weltweite Finanzoperationen systematisch vor nationalen Steuerbehörden versteckt werden, entziehen diese Machenschaften den Demokratien essentielle Ressourcen. Beispiele dafür wurden durch investigativen Journalismus aufgedeckt (Panama Papers, Pandora Papers u. a.).
- Souveränitätsverlust durch Globalisierung: Staaten sind heute wirtschaftlich und politisch stark voneinander abhängig und durch internationale Abkommen aneinandergebunden. Diese Globalisierung hat sehr viele wirtachaftliche und politische Vorteile. Sie kann aber auch dazu führen, dass demokratische Staaten einen Souveränitätsverlust erleiden. Demokratie kann sich nur entfalten, wo Staaten in der Lage sind, politische Entscheidungen wirksam umzusetzen. Dazu ist es nötig, dass Staatgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt eine in sich geschlossene Einheit sind. Diese Einheitlichkeit ist heute eingeschränkt, weil kein Staat ausschließlich und alleine über sein Territorium und über die darauf lebenden Bürger verfügt. Die gegenseitige wirtschaftliche und politische Durchdringung hat dieses Monopol unterlaufen. Dadurch wird die Bedeutung von Staaten geschwächt und damit auch die Bedeutung der Demokratie, wobei es an diesem Punkt wohl etwas zugespitzt ist, von „Feinden“ der Demokratie zu sprechen, und eher „Gegenkräfte“ passend wäre.
- Fragmentierung: Demokratie hat zur Voraussetzung, dass es unter Bürgerinnen und Bürgern eine Übereinstimmung darüber gibt, was als gegeben, was als wirklich hingenommen werden muss; und eine Übereinstimmung darüber, welche Aufgaben aus dieser Wirklichkeit folgen. Was real sein soll, wird aber in den Sozialen Medien von unterschiedlichen, voneinander abgeschotteten Gruppen weitgehend beliebig definiert. Der für Demokratien wichtige gesellschaftliche Zusammenhalt wird auch durch wachsende Polarisierung und Ungleichheit als Folge einer stark durch das Finanzkapital bestimmten Weltordnung unterminiert. Dieses Auseinanderfallen der Gesellschaft wird durch ein verändertes Kommunikationsverhalten beschleunigt und verfestigt. Bürgerinnen und Bürger treffen sich nicht länger auf allen zugänglichen Diskurs-Räumen. Es existiert kaum mehr ein die gesamte Gesellschaft einschließender Diskurs. Nimmt die Fragmentierung zu, kann sich daraus ein Tribalismus einwickeln, ein Stammesdenken, wie es in den USA schon weit fortgeschritten ist. Wahr ist dann nur noch, was zum eigenen Stamm passt.
- Wirtschaftliche Krisen: Demokratien haben gute Chancen, stabil zu bleiben, wenn die wirtschaftliche Situation gut und die Zukunftsperspektiven günstig sind. Tiefe Wirtschaftskrisen und langanhaltende Stagnation begünstigen dagegen Extremisten und spielen damit Feinden der Demokratie in die Hände.
- Plutokratie: Damit ist eine Regierungsform gemeint, in der Reiche und finanzkräftige Gruppen das Sagen haben und damit politische Entscheidungen zu ihren Gunsten beeinflussen. Plutokraten wie Trump und Musk sind seit einiger Zeit auf dem Vormarsch und unterminieren wichtige Grundprinzipien der Demokratie. Siehe dazu: Plutokratie als Totengräber der Demokratie
Die aufgeführten 12 Punkte zeigen, dass Feinde der Demokratie sowohl von aussen als auch von innen kommen können. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass grosse Herausforderungen auf Demokratien zu kommen.
Demokratinnen und Demokratien sollten daher alles dafür tun, um Demokratien sturmfest zu machen.
Quelle:
Die Demokratie und ihre Feinde (Wienerzeitung)