Die «Zeit» hat ein grosses, lesenswertes Interview mit Wolf Biermann veröffentlicht. Darin geht der Liedermacher und Lyriker auf die politische Situation im Osten Deutschland ein und findet sehr kritische Worte zu Sahra Wagenknecht.
Wolf Biermann war Kommunist, siedelte 1953 in die DDR über und entwickelte sich dort aber zu einem scharfen Kritiker der SED und der DDR. Im Jahr 1976 wurde ihm nach einem Konzert in Köln die Wiedereinreise in die DDR verweigert und er wurde ausgebürgert.
Wolf Biermann ist also ein politisches Urgestein und er kennt sich sowohl im Osten als auch im Westen Deutschlands aus. Wenn er sich zur Stalin-Freundin und Putin-Propagandistin Sahra Wagenknecht äussert, die in der DDR aufgewachsen ist, dann haben seine Worte Gewicht. Er sagt:
«Wagenknecht und Höcke sind das politische Brautpaar der Stunde. Da wächst in der Ex-DDR zusammen, was zusammengehört: die Erben des Hitlerschen Nationalsozialismus und des Stalinschen Nationalkommunismus.»
Auf die Nachfrage der «Zeit», ob diese Bezüge auf Hitler und Stalin nicht zu krass seien, ergänzt Wolf Biermann:
«Ja, das sind sie. Noch sind sie es. Die blaue AfD und die falschen Roten von Wagenknecht stehen beide aufseiten von Putin in diesem blutigen Ukrainekrieg. Echte Braune und falsche Rote verachten die Regenbogenfarben der Demokratie.»
Wolf Biermann hält Höcke und Wagenknecht für das politische Brautpaar der Stunde
Wolf Biermann wird noch deutlicher:
«Sahra Wagenknecht ist der anachronistische Kopf einer Personenkult-Partei. Das ist die typische Bauweise totalitärer Parteiapparate.»
Ihm sei bang um die katastrophale Welt, sagt der Liedermacher. Der Faschismus sei wieder modern geworden. Es rieche schon nach einem neuen Weltkrieg. Nach seiner Ausbürgerung habe er seinen Kompass verloren in der «Westwelt» und sei drei oder vier Jahre herumgeirrt, bis er da herausfand. Geholfen habe ihm dabei die Erkenntnis, dass «eine unvollkommene Demokratie tausendmal besser ist als sogar eine vermeintlich kommode Diktatur.»
Quelle:
Wolf Biermann: „Die Ossis sind eben meine Leute – egal ob ich sie zum Küssen oder zum Kotzen finde“(Zeit)
Eine weiter Person, die sich aus biografischen Gründen mit Diktatur und Demokratie auskennt, und sich dazu prägnant äussert, ist die Schriftstellerin und Literaturnobelträgerin Herta Müller. Siehe dazu:
Herta Müller bringt Wladimir Putin auf den Punkt
Demokratie darf uns nicht müde machen, sagt Herta Müller
Herta Müller warnt vor infantilem Verhältnis zum Staat
Von Biermann ausserdem:
Wolf Biermann zum Diktatur-Gerede der selbsternannten «Querdenker»