Hans Rauscher empfiehlt in der österreichischen Tageszeitung «Der Standard» allen demokratisch gesinnten Bürgerinnen und Bürgern, sie sollten jetzt politisch aktiv werden. Die traditionelle Politik brauche ein Korrektiv durch engagierte Bürgerinnen und Bürger. Demokratisch Denkenden müssen viel stärker am politischen Diskurs teilnehmen und ganz entschieden dokumentieren, dass sie sich eine Wende zum Ernsthaften, Konstruktiven und intellektuell Ehrlichen erwarten:
«Der politische Diskurs und implizit das politische Handeln sind von zwei Seiten her verludert. Einerseits von der geschickten, perfiden Agitation der extremen, populistischen Rechten. Die hat über ihre zahlreichen Kanäle schon eine Art Diskurszerstörung und -verseuchung erreicht. Extrem rechts ist schon fast das neue Normal. Und zweitens, weil auch die traditionellen Parteien, vor allem die ÖVP, aber nicht nur sie, den Rechtspopulismus nachahmen.»
Das ist natürlich auf Österreich gemünzt, lässt sich in länderspezifisch angepasster Form aber auch auf Deutschland und die Schweiz übertragen. Ergänzen könnte man die Analyse von Rauscher noch mit dem Hinweis, dass linke Parteien, wo sie in eine problematische Identitätspolitik abgedriftet sind, den Rechtspopulisten und Rechtsextremen in die Hände spielen und ihnen den roten Teppich ausrollen. Das zeigte sich exemplarisch bei der Wiederwahl von Donald Trump. Siehe dazu:
Transgender-Debatte der Demokraten kam Trump zugute
Wer politisch aktiv werden möchte, sollte sich daher gut überlegen, in welcher Form das sinnvoll ist.
Wie politisch aktiv werden?
Je nach konkreter Situation gibt es natürlich sehr unterschiedliche Möglichkeiten, wie man politisch aktiv werden kann. Hans Rauscher schliesst seinen Beitrag mit folgender Empfehlung:
«Vorläufig ein ganz einfacher Gedanke: Werden Sie sich bewusst, dass es jetzt an Ihrem – temporären – Einsatz liegt. Schauen Sie sich um, welche Gruppe oder welche Menschen am ehesten Ihren Vorstellungen von einer vernünftigen, zivilisierten und demokratischen Politik entsprechen. Vernetzen Sie sich. Schließen Sie sich an. Machen Sie sich klar, dass es jetzt einer „Koalition der Freunde der Demokratie“ bedarf. Die muss nichts anderes tun, als die Regierenden und andere gesellschaftliche Player dieses Landes darauf aufmerksam zu machen, dass das Land wieder auf einen klaren, sachorientierten, demokratischen Kurs muss.»
Quelle der Zitate:
HANS RAUSCHER: Jetzt ist die Zeit, politisch aktiv zu werden (Der Standard)
Falls der Beitrag nicht offen geschaltet ist, hier frei lesbar.
Anmerkungen.
► In liberalen Demokratien wird niemand gezwungen, sich politisch zu betätigen. Gleichzeitig ist ein bestimmtes Mass an Engagement der Bürgerinnen und Bürger für das Überleben von liberalen Demokratien notwendig. Wenn demokratische Gesellschaften über lange Zeit stabil sind und von Kriegen und ernsthaften Krisen verschont bleiben, besteht die Gefahr, dass Demokratie und Rechtsstaat als selbstverständlich empfunden werden. Bürgerinnen und Bürger ziehen sich dann zurück in ihren Privatbereich und betrachten den Staat als Dienstleister, der Steuern einzieht und im Gegenzug öffentliche Güter wie Strassen und Abwasserreinigung liefert.
► Geraten Demokratien von innen und aussen unter Druck – wie es gegenwärtig der Fall ist – dann brauchen Demokratien aber das verstärkte Engagement von Bürgerinnen und Bürgern. Daher hat Hans Rauscher Recht, wenn er auffordert, dass wir politisch aktiv werden sollen.
► Wie dieses «politisch aktiv werden» aussehen könnte, darin bleibt Rauscher allerdings vage. Sich zusammenschliessen und vernetzen, das ist bestimmt sinnvoll. Aber wo? Zivilgesellschaftliche Initiativen und NGOs sind eine Option, aber auch politische Parteien sind wichtig und brauchen Engagement.
► Hier gibt es ein paar Grundlagentexte für Leute, die politisch aktiv werden möchten:
Debattenkultur in der Demokratie
Demokratie – ihre typischen Merkmale