Von arabischen Medien, aber auch von identitätspolitisch und postkolonialistisch aufgeladenen Teilen der akademischen Linke wird die Terrororganisation Hamas seit Jahren als Widerstandsbewegung verharmlost. Dem widerspricht der palästinensische Friedensaktivist Hamza Hawidi. Der 26jährige Buchhalter aus Gaza wurde für seine Teilnahme an Demonstrationen und seine Kritik an der Hamas mehrfach verhaftet und gefoltert. Aus dem Exil berichtet er in einem Interview mit der Aargauer Zeitung, wie die Hamas in Gaza nun Hilfsgüter klaut und was er von der Parole «From the river to the sea» an Demonstrationen hält. Er sagt:
«Ich bin mir nicht sicher, ob sich diese Menschen an solchen Demonstrationen bewusst ist, was «From the river to the sea» wirklich bedeutet. Millionen von Menschen ins Wasser oder sonst wohin zu werfen? Wo wir doch alle Wurzeln in diesem Land haben und es verdienen, dort in Frieden zu leben. Ich werfe vor allem den arabischen Medien vor, wie sie über die Hamas berichten und verurteile es, wenn die Hamas als «Widerstandsbewegung» dargestellt wird. Ein Verbrechen ist und bleibt ein Verbrechen, auch wenn es von einer Bewegung oder einem Volk begangen wird, das man unterstützt.»
Friedensaktivismus in Gaza sei ein ziemlich eingeschränkter Aktivismus, denn nur eine Minderheit glaube an Frieden und begrüsse Bestrebungen in diese Richtung. Die Hamas habe alles daran gesetzt, den Friedensgedanken in den Köpfen der Bürger in Verrat umzuwandeln und die Menschen glauben zu lassen, dass der einzige Weg zu einem palästinensischen Staat über Krieg führt.
Quelle:
Nahost: Friedensaktivist aus Gaza im Interview: «Die Hamas verkauft jetzt unsere Hilfsgüter auf dem Schwarzmarkt» (Aargauer Zeitung)
Die Rede von der Hamas als Widerstandsbewegung ist eine Propagandalüge
Die Hamas verkauft sich gern als Widerstandsbewegung und es ist tragisch, dass auch im Westen Teile der akademischen Linke dieses falsche Bild teilen und weiterverbreiten. Es sind dies nicht klassische Linke, die sich für Arbeitnehmer-Rechte und andere soziale Anliegen einsetzen. Es sind Aktivistinnen und Aktivisten, die an Universitäten mit antidemokratischen und wissenschaftsfeindlichen Theorien abgefüllt wurden, die aus dem Kontext von Identitätspolitik, Postkolonialismus und Gender-Studies stammen. Die in diesen Kreisen verehrte Ikone der Gender-Studies Judith Butler hat die Hamas schon auf einer Konferenz im Jahr 2006 als «soziale Bewegungen, die progressiv sind und zur globalen Linken gehören» beschrieben.
Quelle:
Die Hamas ist die gewählte palästinensische Regierung – weshalb es gegen sie kein Aufbegehren gibt (NZZ)
Linke und Grüne ohne Identitätspolitik sind gefragt
Es braucht in liberalen Demokratien auch linke und grüne Parteien, die soziale und ökologische Anliegen engagiert vertreten. Am Beispiel des Umgangs mit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2024 und dem Krieg im Gazastreifen zeigt sich aber, dass Identitätspolitik. Postkolonialismus und Gender-Studies viele akademische Linke in einem Mass ideologisiert haben, das mit Wissenschaft nicht mehr viel zu tun hat und nicht mehr hinnehmbar ist. Akademikerinnen und Akademiker, die eine Hamas als Widerstandsbewegung verklären, sollten an Universitäten, in Medien, Bildungsinstitutionen und NGOs keinen Platz haben. Linke und grüne Parteien haben in diesem Bereich versagt – was allerdings kein Aufruf sein soll, rechts zu wählen – und schon gar nicht rechtsextrem. Es braucht andere Linke und andere Grüne, die nicht identitätspolitisch ideologisiert wind.
Siehe auch:
Herta Müller: Es wird zu wenig über die Hamas geredet
Hamas-Massaker und akademische Verblendung
Reinhard Schulze kritisiert antipalästinische Propaganda der Linken
Postkolonialismus auf Abwegen: Begeisterung für Osama Bin Laden
Identitätspolitik versus Universalismus
Wie Antiimperialismus zu Antisemitismus führt
Identitätspolitik unterminiert Demokratie und Rechtsstaat
Identitätspolitik und Postfaktualismus greifen Basis der Wissenschaft an
Buchtipp:
Helen Pluckrose und James Lindsay: „Zynische Theorien – Wie aktivistische Wissenschaft Race, Gender und Identität über alles stellt – und warum das niemandem nützt“